So lange ich mich erinnern kann, hatte ich Spaß am Schreiben. Während meiner Moskauer Schulzeit bekam ich allerdings nicht viel Unterstützung von meiner Lehrerin. Vielleicht lag es daran, dass wir recht unterschiedliche literarische Vorlieben hatten: Mit 14 Jahren hatte ich noch Schwierigkeiten mit Fjodor Dostojewski, der auf dem Lehrplan stand, verschlang aber die Bücher von Arthur Hailey, Erich Maria Remarque oder Upton Sinclair. Oft war das Feedback zu meinen daraus resultierenden langen Aufsätzen alles andere als positiv. Ich ließ mich nicht einschüchtern und wählte „Eine amerikanische Tragödie“ von Theodore Dreiser als Abiturthema – ein Werk, das weit von unserem Schulprogramm entfernt war. Aber Dreiser gehörte schon damals zu meinen Lieblingsschriftstellern.
Es war mein Glück, in einer Familie aufzuwachsen, der Kreativität im Blut lag. Zu Hause wurde ständig musiziert, komponiert, gemalt und gelesen. Mit 17 oder 18 Jahren habe ich dann auch Dostojewski schätzen gelernt sowie die großen deutschen Dichter Schiller und Goethe – zu dem Zeitpunkt noch in der russischen Übersetzung. Mit 18 Jahren kam ich nach Deutschland und entdeckte die Romane von Friedrich Dürrenmatt – seine Bücher waren unter den ersten, die ich auf Deutsch gelesen habe. Damals musste ich wohl jedes dritte Wort im Wörterbuch nachschlagen.
Jahre später, als meine Deutschkenntnisse wesentlich besser waren, habe ich mich auf den Rat eines befreundeten Schriftstellers um ein Literaturstipendium beworben. Dadurch bekam ich die Gelegenheit, einen Monat lang im österreichischen Krems Kurzgeschichten zu schreiben. Eine davon wurde in der Edition Aramo veröffentlicht. Damals dachte ich aber noch nicht daran, mich an einem größeren Projekt zu versuchen.
Eine Art Wendepunkt kam mit dem ersten Brunetti-Krimi von Donna Leon: „Venezianisches Finale“. Das Buch hat mich nachhaltig beeindruckt und ließ mich lange nicht los. So kam mir der Gedanke an einen eigenen Krimi: Verrückt, aber warum eigentlich nicht? Trotz all meiner Begeisterung vergingen wiederum einige Jahre, ehe ich den geheimen Wunsch endlich in die Tat umsetzte.